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Deutsches Institut für
Gesundheitsrecht

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Zur demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses. Eine verfassungs- und sozialrechtliche Studie

Das Deutsche Institut für Gesundheitsrecht (DIGR) veröffentlichte im Dezember 2017 die umfangreiche Studie „Zur demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses. Eine verfassungs- und sozialrechtliche Studie“. Anlass dieser Untersuchung ist ein Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 2015, der „durchaus gewichtige“ Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) äußerte; davon ist auch in einem Beschluss der 1. Kammer dieses Senats vom 6. Oktober 2016 die Rede.

Die Studie des DIGR gelangt zu dem Ergebnis, dass ein Legitimationsdefizit gegenwärtig nicht in einer mangelnden gesetzlichen Anleitung, sondern in der fehlenden oder unzureichenden Partizipationsmöglichkeit einiger durch die Richtlinien des G-BA Gebundenen besteht. Nach derzeitigem Stand scheitert die demokratische Legitimation des G-BA an der für die funktionale Selbstverwaltung wichtigen funktionellen Legitimation. Eine vollständige Verlagerung der Befugnisse des G-BA auf den Verordnungsgeber ist allerdings ebenso wenig sinnvoll wie eine direkte Regelung in den Bundesmantelverträgen oder eine Beleihung des G-BA. Die effektivste Lösung, um das Legitimationsdefizit der funktionellen Komponente zu beseitigen, wäre die Ausweitung der Beteiligungsrechte durch Mitberatungs- und Mitentscheidungsrechte der jeweils von den Richtlinien des G-BA Betroffenen. Dies gilt etwa für die Arzneimittelhersteller. Derzeit haben die pharmazeutischen Unternehmer und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer gem. § 92 Abs. 3a Satz 1 SGB V vor der Entscheidung des G-BA über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln das Recht zur Abgabe von Stellungnahmen, worin lediglich Verfahrensrechte zu sehen sind. Weitere Rechte im Beschlussgremium stehen ihnen nicht zu. Zwar wird man den Gesetzgeber nicht für verpflichtet halten können, jeden auf dem betreffenden Sachgebiet tätigen Verband im G-BA personell zu berücksichtigen. Im Rahmen des ihm zustehenden politischen Gestaltungsspielraums muss er aber zumindest eine Vertretung betroffener Berufsgruppen als solcher sicherstellen und dabei eine zahlenmäßige Mitgliederstärke festlegen, durch welche der Gefahr der Durchsetzung gruppenegoistischer Ziele in einem pluralistisch zusammengesetzten G-BA entgegengewirkt wird. Anderenfalls fehlt dem G-BA die funktionelle Legitimation, um Richtlinien zu beschließen, welche sich etwa in erheblicher Weise auf pharmazeutische Unternehmer auswirken. Die funktionelle Legitimation entfaltet immer nur insoweit Rechtswirkung, als die jeweiligen sachverständigen Repräsentanten für ihre betroffenen Sachgebiete gemeinsam entschieden haben. Infolgedessen muss das notwendige Mitentscheidungsrecht von Vertretern betroffener Leistungserbringer-Gruppen auf die Beschlussfassung über diejenigen Richtlinien beschränkt werden, welche sie fachlich „angehen“.

Eine vierseitige Zusammenfassung in Leitsätzen befindet sich auf den S. 68-71.

Zur demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses. Eine verfassungs- und sozialrechtliche Studie als PDF-Download